Um anspruchsvolle Rennen zu gewinnen, müssen Rennfahrer herausragende Leistungen hinlegen. Im Hard Enduro weiß das niemand besser als Graham Jarvis. Nach zahlreichen Siegen in den legendärsten Hard Enduro-Events der Welt stellt sich Jarvis nächste Woche der Herausforderung, mit einem sechsten Sieg beim Erzbergrodeo den aktuellen Rekord zu brechen.
"Das Rennen ist wirklich einzigartig und mit keinem anderen Rennen vergleichbar. Es ist viel kürzer, als die meisten Leute denken, und wirklich intensiv. Für mich ist Fitness der Knackpunkt. Das Rennen hat etwas von allem, aber in technischen Abschnitten wie Carl‘s Dinner braucht es die Technik und die Fähigkeit, die beste Linie zu wählen, da ist meine Erfahrung natürlich hilfreich. Um auf Sieg zu fahren, muss einfach alles stimmen. Da gibt es keine Toleranz für größere Fehler."
"Für den Erzberg ändere ich mein Training nicht groß. Das Rennen findet im Juni statt, zu dem Zeitpunkt habe ich schon viele Rennen absolviert, meine Fitness ist da also in Ordnung. Dieses Jahr ist es etwas anders, weil ich nach meinem Unfall eine Weile ausgefallen bin. Im Normalfall intensiviere ist mein Training etwas, wenn der Erzberg näher rückt."
"Das war 2013 nach einigen Disqualifikationen! In dem Jahr hat einfach alles gepasst. Direkt beim Start hatte ich Glück, und alles lief gut. Angesichts der Vorjahre hat es mich etwas gestresst, immer darauf zu achten, dass ich 100 % auf dem richtigen Weg war und Fehler zu vermeiden, die mir den Sieg verwehren würden. Das war so eine Befreiung, endlich zu gewinnen. Wenn du hart arbeitest, dir der Sieg verweigert wurde und du dann endlich das Ergebnis bekommst, das du verdienst, das fühlt sich fantastisch an."
"Ich weiß bis heute nicht, was ich falsch gemacht habe, nicht wirklich. In einem Jahr, OK, das war vielleicht meine Schuld. Aber die anderen Disqualifikationen, da habe ich keine Ahnung, wo ich falsch gefahren bin. Das hat mich damals enorm enttäuscht, aber so etwas passiert einfach. Da denke ich heute kaum noch dran. Obwohl ich in den Jahren nicht gewonnen habe, konnte ich beweisen, dass ich gewinnen kann, dass ich das Zeug zum Sieg hatte. Das motivierte mich, immer wieder zum Erzberg zurückzukehren. Endlich zu gewinnen und dann noch mehr Siege einzustreichen, das ist etwas Besonderes."
"Ein paar Jahre älter zu sein, ist auf jeden Fall hilfreich. Für mich ist es bei einem Rennen wie dem Erzberg das Wichtigste, nicht zu nervös zu werden und meine Emotionen unter Kontrolle zu halten. Natürlich weiß ich von Start bis Ziel, wie das Rennen aussehen wird, aber ich habe auch gelernt, dass Fehler immer passieren und es am Ende darum geht, wie du auf deine Fehler reagierst, wie du mit ihnen umgehst. Ich glaube, noch kein einziger Fahrer ist am Erzberg problemlos ins Ziel gekommen. Der Schlüssel ist es also, alle Probleme zu verarbeiten, vor die das Rennen dich stellt. Beim Start ruhig zu bleiben, ist nicht einfach, aber dank meiner Erfahrung und meines Alters kann ich mich von Anfang an auf gute Linien konzentrieren.
"Es ist das größte Rennen des Jahres, das ist viel Druck. Jeder kommt hin, es ist live im Fernsehen, und am Erzberg zu gewinnen, ist ein großer Erfolg. Es gibt nicht viele Rennen, bei denen man ständig von Helikoptern umschwirrt wird, das ist also eine einzigartige Atmosphäre. An dem Ort kannst du nie vergessen, wo du bist. Der Berg ist so enorm groß und sieht so einzigartig aus, das alles ergibt eine richtig coole, einzigartige Atmosphäre. Davon kann man sich schnell mitreißen lassen, also ist es enorm wichtig, ruhig zu bleiben."
"Die Sache mit dem Alter ist anderen Leuten viel wichtiger als mir. Mein Alter kann ich nicht ändern, ich mache also einfach weiter, was ich liebe: Motorräder fahren, Rennen fahren. Älter zu sein, hat Vorteile und Nachteile. Ich habe reichlich Erfahrung, vielleicht fällt es mir da etwas einfacher, mich auf die Aufgabe zu konzentrieren. Aber es dauert länger, Verletzungen auszukurieren. Ich habe enorm viel Respekt für meine Gegner im Rennen. Ich weiß, dass sie genauso hart wie ich daran arbeiten, so gut zu sein, wie sie können. Ich fahre gerne gegen sie und bin stolz darauf, dass ich immer noch gegen sie antreten kann und versuche stets zu demonstrieren, dass das Alter nicht so wichtig ist!"
"Die Erfahrung ist natürlich enorm wichtig, aber ich glaube, dass jüngere Trial-Fahrer schnell auf Hard Enduro umsteigen können. Das Schöne an unserem Sport ist, dass man kein Teenager sein muss, um erfolgreich zu sein. Es gibt einige erfolgreiche jüngere Fahrer, aber beim Hard Enduro kann man in jedem Alter einsteigen. Es benötigt auf jeden Fall einige Jahre die Erfahrung aufzubauen, die man braucht, um gut zu sein, aber wenn du die Fähigkeiten hast und gut abschneiden willst, kannst du, mit ein wenig Zeit, ein echt guter Hard Enduro-Fahrer werden."
"Das Rennen hat etwas von einem Sprint, ist aber noch lang genug, dass es auch um Ausdauer geht. Ich denke, das Rennen hat sich zusammen mit den Motorrädern, Reifen und Fahrern weiterentwickelt. Ich würde es vielleicht nicht als Sprint bezeichnen; vielleicht im Vergleich zu einigen der längeren, mehrtägigen Rennen. Als ich anfing, war es genauso hart wie heute, aber die Motorräder waren weniger gut. Weil das Erzbergrodeo in einem aktiven Steinbruch ausgerichtet wird, ändert sich immer etwas, besonders in den unteren Abschnitten. Weiter oben ähnelt sich die Strecke immer."
"Das ist ein wirklich wichtiger Streckenabschnitt, eine legendäre Stelle. Da bin ich meistens gut. Er verändert sich jedes Jahr, manchmal ist der länger, manchmal liegen Anfang und Ende anders, aber im Allgemeinen kann man in diesem Abschnitt viel Zeit wettmachen oder verlieren. Carl’s Diner liegt auf dem Rückweg zur Ziellinie, wenn wir da ankommen, ist also meist schon einiges passiert. Ich plane nie, in dem Abschnitt Zeit reinzuholen, aber einige Male ist es dazu gekommen. Man kann überall am Erzberg Zeit verlieren oder wettmachen. Keine Fehler zu machen und die Räder am Laufen zu halten, ist das wirklich Wichtige. Ich glaube, dass einige Fahrer sich körperlich zu sehr verausgaben und dann zu erschöpft sind. Man muss da wirklich mit dem Motorrad arbeiten."
"Das Qualifying ist wichtig. Ich konnte schon aus der zweiten Reihe gut abschneiden, aber das erschwert alles enorm. Ich bin nicht der schnellste Fahrer, aber ich versuche immer, eine Startposition in der ersten Reihe zu kriegen. So kann ich zusammen mit den Fahrern, gegen die ich antrete, starten. Ein sauberer Start und den Start zu überstehen, das ist superwichtig. Das ist ganz einfach: Je mehr Zeit du beim Start verlierst, desto mehr Zeit musst du später wieder wettmachen, daher ist es so wichtig, in der ersten Reihe zu starten. Nach dem Start geht es dann darum, dir genug Zeit zu nehmen, nicht zu hetzen, nicht zu viel Druck zu machen. Du musst das Rennen auf dich zukommen lassen, indem du eine gute Linie wählst. In den letzten Abschnitten kann viel passieren, vor der Ziellinie ist alles offen."
"Mir würde es schon ausreichen, wenn sich überhaupt jemand an mich erinnert. Hoffentlich aus den richtigen Gründen, als jemand, der den Sport vorangebracht hat und dabei ein paar Rennen gewinnen konnte. Oder vielleicht bleibe ich als der Fahrer in Erinnerung, der während dem Lockdown mit seinem Bike die Gartenhütte zerlegt hat!"